»TrommelPower« – Entwicklungen 2015/16

Erfahrungen am Institut für Musiktherapie und verschiedene Berichte von Kolleginnen und Kollegen zeigen dass sich das »TrommelPower«-Projektmodell als fundierte musiktherapeutische Methode in unterschiedlichen präventiven und therapeutischen Kontexten bewährt hat und von den Absolventen der Weiterbildung in neuen Praxisfeldern erfolgreich erprobt wird.

Anwendungen
Am Emmy-Noether-Gymnasium in Erlangen hat sich das TrommelPower-Projekt in den letzten Jahren zu einem stabilen Bestandteil des Schulkonzepts entwickelt und wird vom dortigen TrommelPower-Team rund um Katrin Lehr mit großem Elan durchgeführt. Die Resonanz der Schüler und Lehrer ist sehr positiv. Zudem hat die Projektarbeit am Emmy-Noether-Gymnasium als Modell in der Region Nürnberg/Erlangen eine große Strahlkraft gewonnen. An verschiedenen anderen Schulen werden erfolgreich neue TrommelPower-Projekte angeboten.

Auch an der Mittelschule in Wolfratshausen ist durch die Arbeit von Yoshihisa Matthias Kinoshita und Peter Hennen mit Unterstützung der Musikstiftung Barbara Weidinger TrommelPower zu einem wichtigen Projektangebot geworden, das von den Schülern aktiv genützt wird. So wurde 2015 auf Wunsch der Schüler das TrommelPower-Projekt in einer 8 Klasse zum zweiten Mal angeboten und erfolgreich durchgeführt. Aus präventiv-therapeutischer Sicht war dabei sehr wichtig und spannend, dass sich die Schüler im Projektverlauf mit dem Spannungsfeld von idealisierten Erwartungen und real umsetzbaren Möglichkeiten auseinandersetzen mussten. Das löste wichtige Dynamiken aus, die im Projekt bearbeitet wurden.

Bei jährlichen Netzwerktreffen der Absolventen der Zusatzqualifikation »TrommelPower« im September 2015 wurden verschiedene aktuelle Projekte in Hamburg, Erlangen, Deggendorf, Dachau, Wolfratshausen und München vorgestellt. In den Diskussionen wurden methodische Details reflektiert, aus denen sich neue Ideen und Anregungen für die Praxis ergaben. Zudem wurde von neuen Projektinitiativen in Lateinamerika berichtet.

Das wichtigste Thema des Jahres 2015 waren die Flüchtlinge, die in Europa Zuflucht, Asyl und Unterstützung suchen. Es ist sehr erfreulich, dass unsere musikalischen und musiktherapeutischen Möglichkeiten an verschiedenen Orten und Plätzen in Deutschland und Europa genützt werden, um die Flüchtlinge willkommen zu heißen und sie musikalisch-kreativ sowie therapeutisch zu unterstützen. Verschiedene Kolleginnen und Kollegen haben das TrommelPower-Konzept modifiziert oder einzelne Elemente herausgegriffen und Projekte mit Flüchtlingen durchgeführt, z. B. Petra Schmidt in Hamburg und Kirstin Ghosh und Sven Heidenstecker in Nürnberg und Erlangen. Auch in München konnten mit der Unterstützung des Kulturreferats (München) und verschiedener Gruppen von/des Lions-Clubs Pilotprojekte in 5 verschiedenen Einrichtungen angeboten werden. Das Projekt-Team des Freien Musikzentrums mit Henrike Roisch, Stefanie Fricker, Silvia Reum, Julia Zerbe, David Westphäling und Robert Richter ist aktuell mit der abschließenden Auswertung dieser Pilotphase befasst. Parallel dazu wird ein TrommelPower-Folgeprojekt in einer Erstaufnahme-Einrichtung durchgeführt, das von den jugendlichen Flüchtlingen sehr positiv auf/angenommen wird. Diese Projektarbeit wird von den Mitarbeitern und Psychologen vor Ort als sehr wichtig und sinnvoll für die Flüchtlinge wahrgenommen. Leider fehlen finanzielle Mittel, um dem großen Interesse und Bedarf an TrommelPower-Projekten für Flüchtlinge in den verschiedenen Einrichtungen nachkommen zu können.
Dem Projektteam gelang es jedoch in den ersten Projekten, die Angebote so variabel zu gestalten, dass auch unter schwierigen strukturellen Bedingungen Projekte stattfinden konnten. Aktuell werden die Erfahrungen der Pilotprojekte ausgewertet und konzeptionell modifizierte Vorgehensweisen für die Arbeit mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen ausgearbeitet. Obwohl Themen wie emotionale Unterstützung und Bestärkung individueller Ressourcen im Vordergrund stehen, zeigt sich, dass indirekt auch das Thema Gewaltprävention eine wichtige Rolle einnimmt, da Inhalte wie Affektregulation, gegenseitiger Respekt und konstruktive Konfliktlösungen in den TrommelPower-Projekten eine sehr wichtige Rolle spielen. In den musikalischen Spielen werden bereits im Vorfeld von Gewalt die Bedeutung von Respekt, Toleranz, Abgrenzung und Kompromissbereitschaft erlebt und als kulturelle Werte vermittelt.

Ein ganz besonderes Ereignis war ein Kooperationsprojekt mit den Münchner Philharmonikern an einer Grundschule in München. Eingebettet in das Rahmenkonzept von TrommelPower entwickelten Yoshihisa Matthias Kinoshita und Manuel von der Nahmer (Cellist bei den Münchner Philharmonikern) mit den Kindern die Geschichte vom Rattenfänger von Hameln neu – mit neuen Wendungen und Konfliktlösungen. Das Stück wurde im Rahmen der Veranstaltung 360 Grad der Philharmoniker München und der Community Music Tagung in München am 14. November in der Black Box des Gasteigs in München aufgeführt. Für die Jahre 2016 und 2017 sind weitere Kooperationsprojekte mit den Münchner Philharmonikern geplant und Dank der Unterstützung der Robert Bosch-Stiftung finanziell bereits gesichert.

Für das Jahr 2016 plant die Arbeitsgruppe Prävention des Instituts für Musiktherapie weitere Projekte an verschiedenen Schulen, in der Arbeit mit Flüchtlingen und in Zusammenarbeit mit den Münchner Philharmonikern.

Weiterbildung
2015 wurde eine Weiterbildungsgruppe abgeschlossen. Die Teilnehmer /innen aus unterschiedlichen pädagogischen und therapeutischen Bereichen entwickelten in ihren Abschlussarbeiten unter anderem erfolgversprechende Anwendungskonzepte für das TrommelPower-Projekt im Grundschulbereich, in der Arbeit mit geistig behinderten Menschen und für die klinische Arbeit im Bereich Kinder-Jugendpsychiatrie und forensische Psychiatrie. Diese reflektierten Modifikationen des TrommelPower-Konzepts in andere Praxisfelder zeigen eindrucksvoll die flexible methodische Anwendbarkeit des Projektmodells mit verschiedenen Zielgruppen in unterschiedlichen Kontexten.
Außerdem wurde auf Initiative des Instituts CHROMA erstmals eine Weiterbildung in Großbritannien durchgeführt. Die Resonanz der teilnehmenden Musiktherapeutinnen war sehr positiv. Erste DrumPower-Projekte wurden in England und Wales durchgeführt.

In München wird im Herbst 2016 erneut ein Kurs in deutscher Sprache und im Frühjahr 2017 ein Kurs in englischer Sprache angeboten. Zielgruppe für den englischsprachigen Kurs sind vor allem Teilnehmer/innen aus den europäischen Nachbarländern und einzelne Interessenten/innen aus anderen Kontinenten. Neben dem Anliegen die Methode zu vermitteln besteht von Seiten des Instituts auch großes Interesse, die Anwendungsmöglichkeiten des Projektmodells in anderen Kulturkreisen und Kontexten zu prüfen und dabei von den teilnehmenden Kollegen/innen zu lernen.

Wissenschaftlicher Diskurs
Internationale Aufmerksamkeit erlangte die Methode anlässlich ihrer Vorstellung auf verschiedenen/zahlreichen Fachkongressen: in Canberra (Australien), Cadiz (Spanien), Oslo (Norwegen), Aalborg (Dänemark), Wien und Krems (Österreich), Verona (Italien), Zürich und Winterthur (Schweiz) und München. Auch im Jahr 2015 wurde die Methode erneut auf Fachkongressen in Oslo und Bergen (Norwegen), diesmal auch mit praktischen Workshops vorgestellt und Zusammenhänge zwischen Musik, Gewalt und Gewaltprävention wissenschaftlich erörtert. Im November 2015 wurde die Methode mit ihren Implikationen für »Community Music Therapy« auf dem Kongress »Community Music – an Interdisciplinary View« vorgestellt. Im April 2016 werden auf dem „3. Internationalen Symposium für Musiktherapie mit Jugendlichen“ die besonderen Wirk- und Einflussfaktoren der Projektmethode mit Fokus auf die Entwicklung erörtert.
Neue Erkenntnisse in Theoriebildung und Forschung werden 2016 vor allem von der detaillierten Auswertung der Pilotprojekte mit den Flüchtlingen erwartet, die von wissenschaftlichen Mitarbeitern/innen durchgeführt wird. In diesem Zusammenhang wird auch die praktische Anwendbarkeit verschiedener neu entwickelter Untersuchungs-Bögen überprüft. Die Ergebnisse dieser Untersuchung werden u.a. auf dem Europäischen Kongress für Musiktherapie im Juli 2016 in Wien vorstellt.

Fachliche Begleitung und Supervision
In sämtlichen Münchener Projekten findet fachliche Begleitung und Supervision statt; außerdem wird diese unter anderem für ein Gymnasium in Erlangen (Emmy-Noether-Gymnasium) und für eine Anwendung in der forensischen Psychiatrie erbracht.

Förderung
TrommelPower-Projekte mit den Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen können in der Regel nur Dank der Unterstützung und Förderung von Stiftungen und privater Sponsoren realisiert werden. Dafür gilt der Dank 2015 besonders der Barbara Weidinger Musikstiftung, den Lions Club München Karl-Valentin, der Robert Bosch Stiftung und dem Kulturreferat München.

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